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Warum es gut ist, wenn es knallt und nicht gut, wenn es zu bunt wird - meine Eindrücke von den Sessi


Wow, es hat ganz schön lange gedauert, bis die massiven Eindrücke vom LitCamp in Heidelberg sich so ein wenig bei mir gesetzt haben, so dass ich bereit dazu bin, mich einigermaßen sachlich und ohne emotionale Ausschweifungen und Adjektiv-Feuerwerke darüber zu äußern ;-)

Den emotionalen Teil dazu findet ihr übrigens in meinem ersten Artikel über das LitCamp, in dem auch das Prinzip und die Organisation erklärt wird.

Nach der Session-Planung am ersten Tag ist erstmal ein ziemliches Chaos, alle rennen zu den Stellwänden mit dem Sessionplan und schauen, wo sie nun hin wollen. Meistens sind dann doch mehrere interessante Themen parallel, sodass man sich entscheiden muss. Ich habe das fleißig getan und will euch hier etwas zu meiner Auswahl berichten und euch einen kleinen Einblick in die Sessions geben, die ich besucht habe – jeweils wirklich kurz gefasst, um euch nicht mit der Länge des Artikels nicht zu sehr überzustrapazieren (keine Angst, er wird dennoch lang :D ). Meine Session-Auswahl habe ich übrigens nach den Kriterien eines Bloggers und Lesers ausgewählt – is klar, ne? ;-)

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Das Autoren- und Publisher-Paradoxon – warum alle schreiben und keiner liest (Richtungsding)


Fragestellung: „Ich gebe eine Literaturzeitschrift heraus, ​​die ist wirklich gut, alle finden sie toll. Aber keiner kauft sie, noch nicht mal meine Autoren.“ Sessionablauf: Eher eine Business-Beratung, als eine Diskussion. Die Problemstellung, dass man als Student anders wahrgenommen wird und da über ein Netzwerk viele Verkäufe abschließen kann, wird sehr deutlich. Fazit: Marketing – will er nicht. Erfolg – ist eigentlich auch nicht das Ziel. Dann waren zumindest die Sessionbesucher sich einig, dass ihm eben nicht zu helfen sei, dem Guten. Eine der schlechteren Sessions, die jedoch auch lehrreich war, denn wo kann man mehr im Leben lernen, als aus Fehlern? __________________________________________________________


Lebe Deinen Blog: Blog-Design und Blog-Aufbau (Ink of Books) ​​Fragestellung: Warum laufen einige Blogs nicht so und was kann ich tun, damit mir das nicht passiert? Sessionablauf: Anna hat eine Präsentation vorbereitet, mit positiven und negativen Beispielen. Blogdesign: Nicht zu viele Farben, ein Logo schafft Identität. Schreibstil: Schreib so, wie es von Herzen kommt, und baue ein paar persönliche Dinge mit ein, die Dich auszeichnen – und wenn es nur die Tatsache ist, dass die Rezi schon seit zwei Wochen geschrieben werden muss, und Du an Aufschieberitis leidest. Fazit: Für mich persönlich war die Session kaum gewinnbringend, weil einfach nicht viel Neues dabei war. Der Teilnehmerkreis war jedoch begeistert und ich konnte alle Aussagen so unterschreiben. __________________________________________________________


Literaturwissenschaft und Buchblogger (Schreibtrieb) Fragestellung: Die Literaturwissenschaft nimmt Buchblogger nicht ernst, ​​obwohl sie zu einem Kreis sehr belesener Menschen gehören, die sich mit Literatur eingehend auseinandersetzen. Wie können wir Blogger ein Stück weit in die Richtung der Literaturwissenschaft bewegen, damit wir sichtbarer werden? Sessionablauf: Eva-Maria erzählte aus dem Nähkästchen einer Literaturwissenschaftlerin, was in der Wissenschaft so über Buchblogger gesprochen wird. Sie seien „nicht zitierfähig“ und unprofessionell. Dennoch gibt es einige Blogs, die durchaus Ansätze aus der Literaturwissenschaft aufgreifen und sich eingehend damit beschäftigen – manchmal ohne es zu wissen. Sie gab dann Tipps, wie man als Buchblogger in diese Richtung gehen kann. Sucht euch ein zentrales Thema: Eine Beziehung zwischen Charakteren, eine Tierart, eine bestimmte Form von Spannungsbogen und beschäftigt euch näher damit. Vergleicht Bücher miteinander, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen. Unterhaltet euch so tief über ein Buch, dass ihr an Spoilern nicht mehr vorbeikommt, damit eure Artikel für diejenigen interessant werden, die selbst wissenschaftlich über ein Buch schreiben. Fazit: Eine wahnsinnig interessante Session, aus der ich viel mitgenommen habe. Unter anderem ein Vorhaben für eine Literaturwissenschaftliche Aktion mit einigen Teilnehmern – ihr dürft gespannt sein

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Wie können wir kreativer Buchbloggen (Literatouristin)

​Fragestellung: Was kann ich auf meinem Blog denn sonst noch so machen, außer Rezensionen, Blogtouren und Interviews? Sessionablauf: Bianca gab eine Einleitung und berichtete über einige Aktionen, die sie schon auf ihrem Blog gestartet hatte. Dabei kann man sich mit anderen Bloggern oder auch mit Autoren zusammenschließen und sich zum Beispiel einfach mal Gedanken machen über ein Thema, das in einem Buch behandelt wird. Fazit: Es war mehr eine lockere Kaffee-Plauderrunde, als eine heftige Diskussion, aber das kam vor Allem daher, dass Bianca auf große Zustimmung stieß. Den zündenden Gedanken habe ich nun nicht gewonnen, aber es waren tolle Gespräche und ich habe viele liebe Bloggerkolleginnen kennengelernt.


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Diskussionsrunde Klischees (Who is Kafka und Stehlblüten) Fragestellung: Oft zerreißen sich die Leute das Maul ​über Klischees in Büchern und in Filmen. Aber sind sie denn wirklich so schlecht? Was denken die Teilnehmer über Klischees? Sessionablauf: Anabelle und Saskia gaben eine kurze Einführung und fragten dann in die Runde, welche Klischees den Leuten denn so einfielen. Das war ein super Einstieg, denn einige Lacher waren dabei – vom drögen, geschiedenen, rauchenden Land-Kommissar bis hin zur sechzehnjährigen Schönheit, die nicht weiß, wie hübsch sie ist. Dann diskutierten wir darüber, ob diese Klischees uns denn wirklich stören, oder ob sie nicht manchmal auch helfen. Fazit: Für mich persönlich konnte ich aus der Session nochmal einen anderen Blickwinkel auf Klischees gewinnen, denn sie geben Sicherheit und einen Rahmen. Außerdem bieten sie die Möglichkeit, den Leser in Sicherheit zu wiegen und dann absichtlich und unerwartet das Klischee zu brechen, wofür es auch einige faszinierende Beispiele gibt.

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Abendsessions: *hüstel* diese Informationen könnten Teile der Bevölkerung verstören, weshalb ich mich hier sehr kurz fasse ;-) Die erste Session am Abend habe ich mit den Blogger-Mädels draußen verbracht, es war ein wahnsinnig heißer Tag und wir genossen die Luft, die dann ein wenig frischer wurde. Als wir wieder zurück ins Gebäude gingen, fing gerade der angekündigte Poetry Slam an, der wirklich super war - vor Allem vor dem Hintergrund, dass er sehr spontan am selben Tag organisiert wurde. Danach sah ich mir dann noch Suse's Kuriositäten-Kabinett an, eine Sammlung irrwitziger Cover und Titel bei Büchern, bei der man aus dem Lachen nicht mehr heraus kam. Zum Ende wurde dann noch aus den Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling gelesen, da bin ich dann allerdings verschwunden - denn auch, wenn ich die Känguru Chroniken liebe, ich war einfach total platt.


Nach einer kurzen Nacht, in der ich mich aus Gruppenzwang auf Twitter anmeldete, kam der Sonntag. Der wird insgeheim auch „Qualitätssonntag“ genannt, was ich so unterschreiben kann, denn die Sessions wurden auf einmal noch interessanter und anspruchsvoller und es gab richtig viel zu lernen und zu diskutieren. Das merkt ihr nun wohl auch ein wenig an der Länge der Abschnitte pro Session ;-)


Gestaltung Cover / Blog / Facebook (Juliana Fabula)


​Fragestellung: Was kann ich von einem Grafikdesigner lernen, um in meiner literaturbezogenen Tätigkeit grafisch ansprechender zu werden? Sessionablauf: Juliana zeigte unzählige Beispiele an Covern und Designs, die zwar irgendwie gut gemeint aber dennoch nicht ansprechend waren und erklärte, warum das so ist. Oft sind Schriften nicht richtig lesbar, Bilder verzerrt oder komisch geschnitten, Farbschemen unpassend gewählt oder Bilder einfach lieblos zusammengewürfelt, weil es so zum Inhalt des Romans oder der Seite passt. Beispiel: Klassische, fünfzackige Sterne auf einem astronomischen Hintergrund – entweder, man entscheidet sich für die „Comicversion“, oder für die Reale – aber zusammen sieht das verstörend aus. Fazit: Es muss knallen – seid mutig! Diesen Satz werde ich mir nun in der Bildgestaltung immer wieder vor Augen führen, wenn es um Titel, Farb- und Motivwahl geht. Eine super Session mit wahnsinnig vielen Eindrücken – danke dafür!

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Charaktere erleben (iSterncheni)​


Fragestellung: Was kann ich im Improtheater über Romancharaktere lernen? Sessionablauf: Jana erzählte etwas über die grundsätzlichen Regeln im Improtheater. Regel Nummer eins: Sage ja! Zum Beispiel, zu Deinen Ideen. Das erste, was Dir durch den Kopf geht, ist nicht falsch. Lebe es aus und überlege nicht lange weiter. Dann haben wir mit verschiedenen Übungen ein wenig das hineinversetzen in die Rolle eines Romancharakters geübt, was ich persönlich super interessant fand. Leitfragen dazu, um das mal selbst auszuprobieren: Wie würde Dein Charakter sich durch den Raum bewegen? Wo und wie setzt er sich hin? Was sagt er, wenn er jemanden trifft? Oder auch: Sei ein Tier und bewege Dich wie das Tier. Fazit: Ich habe aus dieser Session sehr viel für mich mitnehmen können, denn nicht nur beim Schreiben, auch beim Lesen fragt man sich so manches Mal, was diesen Charakter eigentlich antreibt. Über solche Übungen kann man einfach mal kreativ herangehen und wirklich körperlich fühlen, wie das alles so ist.

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Wie können Blogger und Autoren besser ZUSAMMEN arbeiten? (bonniesbuch - ja, das bin ich :D ) Fragestellung: Stufe 1: Kontaktaufnahme. Als neuer Autor oder neuer Blogger, wie nehme ich da Kontakt mit der „anderen Seite“ auf und welche bösen Fehler kann ich dabei machen? Stufe 2: Wie können wir das Ganze dann noch professionalisieren und etwas Großartiges und Kreatives daraus machen? ​

Sessionablauf: Ich habe von meiner Anfangszeit als Bloggerin berichtet und erzählt, welche epic fails mir schon an Nachrichten von Autoren untergekommen sind. Auch habe ich von der Situation erzählt, wie viele Anfragen von Autoren bei einem Blogger eingehen und wie notwendig es daher ist, sich von der Masse abzuheben und die Ansprache aktiv zu gestalten. Es waren sowohl Autoren als auch andere Blogger anwesend. Vor Allem von Autoren, die bislang noch nicht mit Bloggern zusammengearbeitet haben, habe ich großes Interesse gespürt. Aber auch die Erfahrenen unter uns haben sich rege an der Diskussion beteiligt - im Dialog haben wir gemeinsam einige Regeln und Ideen entwickelt, die das Band zwischen Autoren und Bloggern enger binden und einen gegenseitigen Mehrwert generieren können. Da ich völlig unvorbereitet in diese Session gegangen bin, haben wir dann nicht die gesamte Zeit mit der Diskussion füllen können – das ist mein Learning fürs nächste Mal, mir dann eher doch einen Plan zurecht zu legen, wenn ich so etwas anbiete - zumindest, wenn es am Nachmittag stattfindet, wenn alle im Mittagsloch sind. Aber ich denke, man wächst mit seinen Aufgaben, nächstes Jahr wird das besser, klüger, geiler :D Fazit: Eine persönliche Ansprache, das Interesse an der Arbeit auf dem Blog oder in Büchern und ein freundlicher, nicht fordernder Ton sind von beiden Seiten Voraussetzung, um erfolgreich eine Zusammenarbeit aufzubauen. Zu erwarten, dass eine völlig fremde Person die eigenen Probleme löst und dafür selbst keinerlei Aufwand in Kauf zu nehmen, ist kein gangbarer Weg. Wenn man jedoch schon mit konkreten Ideen ums Eck kommt und eine kreative Zusammenarbeit in Aussicht stellt, wird einen keiner, der etwas auf sich hält, total abblitzen lassen. Übrigens werde ich mit Bianca von der Literatouristin auch noch eine Aktion dazu planen, also seid gespannt. PS: Danke Bianca, für das Bild, das konnte ich natürlich nicht selbst machen ;-)

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Literatur unter Druck (Betül Havva Yilmaz) ​


Fragestellung: Diese Session beschäftigte sich mit keiner konkreten Frage, aber mit dem Thema Meinungsfreiheit in der Türkei. Berichtet von einer Betroffenen, Betül Havva Yilmaz, die seit Anfang des Jahres in Tübingen im Exil lebt. Sessionablauf: Betüls Geschichte ist so schrecklich und aufwühlend, dass ich kaum Worte dafür finde. Nach der Beteiligung an einer Online-Petition gegen das gewaltsame Vorgehen des Militärs in einigen Gebieten der Türkei wurde sie, die als Literaturwissenschaftlerin im Staatsdienst tätig war, entlassen und man hat ihr sämtliche Persönlichkeitsrechte entzogen. Da ihr Ausweis für ungültig erklärt wurde, kann sie nicht mehr zurückkehren in die Türkei und muss sich hier in Deutschland eine komplett neue Existenz aufbauen. Das ist unvorstellbar und hat mich tief berührt und erschüttert. Jedoch muss ich betonen, dass ich es von Herzen gut finde, dass Betül nun an die Öffentlichkeit geht und ihre Geschichte mit den Menschen außerhalb der Türkei teilt, damit den Menschen die Augen geöffnet werden und wir uns nicht länger darüber unterhalten, ob Erdogan Witze in Ordnung sind, sondern darüber, was in der Türkei wirklich so los ist. Fazit: Ich habe Betül schon am ersten Tag kennenglernt, sie ist so ein herzlicher und offener Mensch und ich bin mehr als dankbar für diese Begegnung. Sie war sich unsicher, ob sie eine Session zu ihrem Thema halten soll, aber ich und viele andere haben sie darin bestärkt. Ich kann euch nur einladen, euch die Session anzusehen – sie ist in voller Länge auf dem Youtube-Kanal des Litcamps zu sehen.


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So, nun habt ihr – und ich – es geschafft. Es ist wirklich schwer, diese zwei gewaltigen Tage in einen Artikel zu pressen. Ich hoffe, ich habe euch damit nicht zu sehr beansprucht – das alles in zwei Tagen zu erleben und zu verarbeiten, war schon schwer genug. Ich kann mir ein bisschen vorstellen, wie es für euch sein muss, das alles zu lesen und immer wieder umzuschalten – ihr habt meinen vollen Respekt, wenn ihr bis hier gekommen seid ;-) Alle Sessions, die im großen Raum gehalten wurden, sind übrigens auf dem Youtube Kanal des Litcamps zu sehen. Ich war dort nur bei Betül, weil man sich ja leider immer für eine Session entscheiden muss und ich mir sagte, ich nehme die, die nicht aufgezeichnet werden – denn Letztere kann ich ja dann online ansehen. Das LitCamp war für mich definitiv inspirierend und ich bin voller neuer Ideen, habe so viele tolle Menschen kennengelernt und ganz viele Punkte gefunden, an die ich in Zukunft anknüpfen möchte. Das LitCamp 2018 findet übrigens wieder Mitte Juni in Heidelberg statt, also haltet die Augen offen und das Wochenende im Kalender frei. Ich würde mich freuen, wenn ich viele von euch da treffe.

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